Durch Olivenhainen und Blumenwiesen

Samstag, 7. März 2020

Die Gebirgskette zwischen Ragusa und Scicli schmiegt sich eindrucksvoll in die herrliche Landschaft ins Hinterland von Donnalucata. Entlang dem Bergrücken sollte heute meine Fahrradtour durch die einsamen mit Steinmauern gesäumten Landstraßen bis nach Scicli verlaufen. Hinter Donnalucata führte die schlaglochreiche Fahrbahn steil hinauf bis zum Plateau der zahlreichen Olivenplantagen. Trotz des Eloktroantriebes kam ich ganz schön ins Schwitzen; die Sonne lachte vom blauen Himmel und erfreute mich mit warmer Temperatur.

Von hier oben hatte ich einen grandiosen Blick ins hügelige Hinterland auf der einen und auf der anderen Seite weit entfernt das Meer, dass sich durch einen hellweißen Dunst am Horizont zu erkennen gab.

Außer einem Sulky war weit uns breit niemand zu sehen, und ich radelte entspannt durch die sizilianischen Wiesen der Straße nach.

Von weitem ahnte ich schon die Katastrophe; weit vor mir lag ein kleines Bündel auf der Straße. Langsam näherte ich mich, konnte es fast nicht glauben, radelte daran vorbei und parkte meinen Drahtesel etwa 50 Meter hinter der Tragödie am Straßenrand. Bilder wollte und konnte ich nicht machen. Auf der Straße lag eine tote Katze, die am Kopf mit Blut überströmt war. Der Unfall mußte gerade erst passiert sein, denn die rote Flüssigkeit ergoß sich immernoch auf und vor dem toten Tier. Neben diesem fürchterlichen Anblick saß eine weitere Katze am Straßenrand, die jammernd und weinend um das tote Tier zu trauen schien. Aus meiner Entfernung von etwa 30 Meter bekam ich weiche Knie und in meinem Mitleid merkte ich, wie meine Augen feucht wurden. So stand ich da, eine ganze Weile und entschied mich nach längerem Zögern den Tat- und Trauerort langsam zu verlassen und weiter meines Weges zu fahren. Es dauerte eine ganze Zeit, bis ich diesen Anblick und das Drama in der Tierwelt hinter mich lassen konnte.
Nach sieben Kilometer schlängelte sich die Straße hoch über Scicli hinunter in die verwinkelte Barockstadt.

Mit ihren engen Straßen, kleinen und gemütlichen Cafés, hübschen Balkonen mit Fresken verzierter Winkelhalterungen, großflächigen Pflastersteinen und zahlreichen Barockkirchen habe ich dieses Städtchen schon im letzten Jahr anziehend und lieben gelernt.

Viele der prachtvollen Gotteshäuser, von denen man von außen nicht diesen grandiosen und überzogenen Prunk erwartet, konnte ich schon besichtigen. Außer die Santa Maria La Nova war mir bis heute noch verborgen geblieben. Ich parkte meinen Drahtesel vor dem Gotteshaus, zog meine Kappe vom Kopf und trat würdevoll ein. Ein Duft von Weihrauch und abgebrannten Kerzen stieg mir in meine Nase. Zahlreiche Sizilianer knieten vor einem kleinen goldenen Altar in einem der zwei Seitenschiffe und bekreuzigten sich hastig. Das ist nun ganz und garnicht mein Ding.

Genug Zeit hatte ich und bewunderte die außergewöhnliche Architektur der Kathedrale, die nach einem Erdbeben 1693 im 18. Jahrhundert wieder aufgebaut wurde. Durch die engen Gassen fuhr ich gemütlich, immer noch staunend und beeindruckt hinaus aus der Stadt und trat die Rückfahrt hinunter zum Meer an. Schön, wenn ich nicht in die Pedale treten muss und der mittlerweile kühle Abendwind mir bei Tempo 40 um die Ohren saust. Wenn das die Rosi wüßte... .

Am Abend, gegen 18 Uhr wurden wir wieder einmal mit einem fazinierenden Sonnenuntergang der besonderen Art reichlich beschenkt; unser Schöpfer verabschiedet sich von einem der vielen schönen Tage. — Mir geht nochmal die trauernde Katze durch den Kopf. Ob das arme Tier immernoch am Straßenrand sitzt?

back | next
zurück