Durch Thüringen und Hessen zu Fuß

Donnerstag, 30. Juli 2020

Heute wollte ich es wiedermal wissen; auch ich bin nicht mehr der Jüngste. Viele Strandwanderungen habe ich in den letzten Monaten auf Sizilien hinter mir. Aber Deutschland ist auch sehr schön, und deswegen habe ich mich heute bei Sonnenschein und blauem Himmel zu einer Wanderung nach Gerstungen entschlossen.

Schnell hatte ich auf dem Radweg Unterbreizbach hinter mir gelassen.

Hinter Philippsthal marschierte ich zunächst an der Werra entlang.

Wegen der aufkommenden Hitze hatte der Bauer hier sicher zum Schutz seiner Tiere vorgesorgt und den Pferden einen Mantel auf Rücken und Kopf übergezogen. Es gibt auch noch verantwortungsvolle Menschen, die für das Wohl der Tiere sorgen.

Nach kurzer Wegstrecke ging es rechts steil bergauf. Schon kam ich ganz schön ins Schwitzen.

Auf dem Plateau angekommen, konnte ich durch eine Schneise den schrecklichen weißen Berg im Hinterland sehen und vor mir ein abgeerntetes Kornfeld, soweit das Auge reicht.

Hier oben genieße ich die Ruhe, kein Autolärm und Krach; nur ein zarter Wind, der mir um die Ohren weht. Herrlich!
Kurz vor Lengers verläuft der Wanderweg wieder steil nach unten auf die Landecker Straße. Kurz vor dem kleinen Ort komme ich am Waldesrand an einem Friedhof vorbei.

Auf einem Grabstein lese ich, dass die junge Frau Wiegand 1958 geboren und schon 2002 gestorben ist. Schlagartig wird mir wieder einmal klar, weil schnell ein Leben hier auf Erden zu Ende sein kann. Und wir sollten darauf vorbereitet sein, was uns in der Ewigkeit erwartet. Das ganze Leben bereitet man sich auf etwas vor: die Schule, die Führerscheinprüfung, die Ehe, die kalte Jahreszeit, den nächsten Urlaub, und vieles mehr. Ich frage mich immer: Warum bereiten sich viele Menschen, auch die, die wir kennen, nicht auf das allerwichtigste im Leben vor? Ich kann nur beten, dass viele Menschen zum Glauben an den Herrn Jesus kommen und vorbereitet sind für die Ewigkeit. Denn Jesus ist in die Welt gekommen, um uns Menschen zu retten und nicht zu verurteilen. Nachdenklich gehe ich weiter.
Jetzt muß ich zunächst den Radweg an der Straße entlang laufen; das hatte ich mir zunächst nicht so vorgestellt, aber es gibt keine andere Möglichkeit. Es ist laut, auch weil viele LKW's unterwegs sind.
"Der Architekt hat sein Ziel verfehlt", geht mir durch den Kopf, als ich in Heringen den modernen Anbau an dem alten Kirchenturm sehe. Hier wird sicher Gottesdienst gefeiert und das ist natürlich das Wichtigere.
In der Ortmitte von Heringen hat ein findiger Geschäftsmann dieses überdimensionale Schild aufgestellt. Auf der Webseite www.coronaneindanke.de kann jeder Bürger in einem Onlineshop Masken bestellen, die in unserem Land mittlerweile Pflicht geworden sind. Auch eine Idee!

In Leimbach hinter Heringen endet abrupt der Radweg, der bisher parallel zur Straße verläuft. Was nun? Ich entscheide mich auf der Straße weiter nach Widdershausen zu laufen.

Nicht ganz ungefährlich, wie sich herausstellt, denn große LKW's kommen mir entgegen und müssen einen Bogen um mich herum fahren.

Mir ist mulmig zumute, bis ich vor der Werrabrücke auf diesen Schilderwald treffe.

Richtung Dankmarhausen der Werra entlang geht es nun weiter und ich bin froh, dass hier nur noch Radler und Wanderer unterwegs sind.

Hier kann der Winter kommen. Der Hausbesitzer hat für die kalte Jahreszeit schon Vorbereitungen getroffen. So ist das eben mit den Vorbereitungen!

Hinter Widdershausen führt das Weg schnurstraks geradeaus, vorbei an großen Ackerflächen.

Hier ist es wieder ruhig und einsam.

Am Wegesrand steht ein Insektenhotel. Ich wußte nicht, dass es soetwas gibt. Ein Blick ins Internet und jetzt weiß ich das auch: Ein Insektenhotel ist eine künstlich geschaffene Nist- und Überwinterungshilfe für Insekten. Mittlerweile hat sich nämlich die Naturlandschaft durch den intensiven menschlichen Eingriff so stark gewandelt, dass nur noch wenige natürliche Lebensräume für Insekten vorhanden sind. TRAURIG!

Vor Dankmarshausen führt der Radweg wieder ein kleines Stück der Straße entlang und dieses Schild fällt mir ins Auge. Ist das eine Anklage an die Wessis oder ein Ärgernis über die verpestete Luft durch den stark zugenommenen Straßenverkehr? Ein Beurteilung bleibt jedem selbst überlassen.

Mit dem Werra-Radweg hat dieser Hausbesitzer sein Haus geschmückt. Goldig! Berka lasse ich rechts des Weges liegen und vor mir liegt Untersuhl. Nach einer kurzen Pause merke ich, wie mir allmählich die Füße schmerzen. Nach der Sitzpause auf einer hölzernen und ungemütlichen Bank wandere ich weiter in einer etwas gebückten Haltung, da mir jetzt auch die Oberschenkel weh tun.

In der Ortmitte von Untersuhl steht diese außergewöhnliche runde Kirche. Ein solches Gotteshaus hatte ich in deutschen Landen noch nicht gesehen.

Die 1580 erbaute Kirche zeigt im Inneren die Bilder der Apostel in der unteren Empore und an der oberen Empore sind die Propheten dargestellt.
Die Rundkirche Untersuhl ist wegen ihrer eigenartigen Bauweise eine der ungewöhnlichsten evangelisch-lutherischen Gemeindekirchen im Wartburgkreis in Thüringen. Sie befindet sich im Zentrum der denkmalgeschützten Ortslage, im Gerstunger Ortsteil Untersuhl.

Nach einer kurzen Besichtigung wandere ich weiter durch den Ort, vorbei an einem originellen Briefkasten in Richtung Gerstungen. Untersuhl, genauso wie Gerstungen scheint wie ausgestorben zu sein. Wohnen hier eigentlich Menschen?

Das schönste Haus am Platz in Gerstungen, wie sollte es anders sein, ist das Rathaus. In diesem herrschaftlichen Haus, umgeben von einer parkähnlichen Anlage verwaltet der Bürgermeister die menschenleere Stadt von Gerstungen.

Unweit seines Amtssitzes steht auf einem kleinen Hügel die Katharinenkirche.

Direkt dahinter in einer Seitenstraße stoße ich auf das Schloss Gerstungen. Dieses imposante Gebäude wurde im 17./18. Jahrhundert auf den Grundmauern der dort befindlichen Wasserburg gebaut.

Auf einer Bank im Innenhof freue ich mich endlich auf eine Sitzgelegenheit. Meine Wasserflasche ist schon lange leer. Eine Frau, die damit beschäftigt ist, den Innenhof zu fegen, bietet mir ein Glas Wasser an. Ah, was für eine Wohltat. Nach kurzer Zeit sprudelt das zweite Glas Wasser durch meine Kehle. Die freundliche Frau berichtet mir, dass am Bahnhof das einzige Café der Stadt geöffnet hat. Voller Freude "krieche" ich den letzten Weg zu dem ein Kilometer entfernten Bahnhof (Dort wollte mich Rosi abholen). Die Vorfreude auf ein Hefeweizen stieg in mir auf. Tatsächlich mit letzter Kraft stand ich nach 20 Minuten total enttäuscht vor dem geschlossenen Café. Nix mit Hefeweizen!
Mein Kilometerzähler zeigt mir 33 Kilometer an. Ich bin total fertig und kaputt. Trotzdem: Es war eine schöne und interessante Wanderung, auf der ich auch mit einigen Menschen ins Gespräch gekommen bin. Als Rosi um die Ecke kommt, freue ich mich riesig und nach 35 Minuten Autofahrt sind wir wieder zu Hause in Unterbreizbach.

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