Buchenwald — Ein Ort des Grauens

Freitag, 3. Juli 2020

Konzentrationslager Buchenwald 1937–1945

Im Juli 1937 lässt die SS auf dem Ettersberg bei Weimar den Wald roden und
errichtet ein neues KZ. Mit dem Lager sollen politische Gegner bekämpft, Juden, Sinti und Roma verfolgt sowie "Gemeinschaftsfremde", unter ihnen Homosexuelle, Wohnungslose, Zeugen Jehovas und Vorbestrafte, dauerhaft aus dem deutschen "Volkskörper" ausgeschlossen werden. Schon bald wird Buchenwald zum Synonym für das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager.

Nach Kriegsbeginn werden Menschen aus ganz Europa nach Buchenwald verschleppt. Im KZ auf dem Ettersberg und seinen 139 Außenlagern sind insgesamt fast 280.000 Menschen inhaftiert. Die SS zwingt sie zur Arbeit für die deutsche Rüstungsindustrie.

Am Ende des Krieges ist Buchenwald das größte KZ im Deutschen Reich. Über 56.000 Menschen sterben an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung. In einer eigens errichteten Tötungsanlage werden über 8000 sowjetische Kriegsgefangene erschossen. Widerstandskämpfer bilden im Lager eine Untergrundorganisation, um das Wüten der SS nach besten Kräften einzudämmen. Gleichwohl wird das "Kleine Lager" zur Hölle von Buchenwald. Noch kurz vor der Befreiung sterben Tausende der entkräfteten Häftlinge.

Als die Amerikaner im April 1945 Buchenwald und seine Außenlager erreicht haben, schreibt Dwight D. Eisenhower, der Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte: "Nichts hat mich je so erschüttert wie dieser Anblick."

Am Freitag, um 13 Uhr meldeten wir uns in der Informationshalle an, um an einer Führung teilzunehmen.

Herr Koch, ein ehemaliger Lehrer erklärte uns sehr ausführlich die Vorgänge der Anfänge, das unsägliche Leid und die Befreiung aus dem KZ. Keiner der Teilnehmer sprach ein Wort. Zahlreiche Bilder, die ich von dem Gelände und den Gebäuden fotografierte, möchte ich hier nicht kommentieren. Sie sprechen für sich und für das Geschehen an diesem Ort des Grauens. Fassungslos haben wir erfahren müssen, wie die SS, aber auch später die Russen mit den ungeliebten und gehaßten Männern, Frauen und auch Kindern vieler Nationen umgegangen sind. Folter, Kälte, Hunger und Durst bis zur Erschöpfung haben die Menschen in den Tod getrieben. Die extremen Vorgänge in diesem Lager übersteigt unsere Vorstellungskraft. Schweigend gehen wir über das großflächige Gelände.

Am 11. April 1945 um 15.15 Uhr wurde das Konzentrationslagers Buchenwald befreit. Zu dieser Uhrzeit übernahmen Häftlinge der Widerstandsbewegung im Konzentrationslager die Kontrolle über das Torgebäude. Sie entwaffneten Angehörige des SS-Wachpersonals und öffneten das Lagertor. Als die auf Weimar vorrückende US-Armee das Konzentrationslager erreichte, war es schon befreit. Die Soldaten fanden dort 21 000 Überlebende vor, darunter mehrere hundert Kinder und Jugendliche.

Perfide und Zynisch!

In der 5. Zelle von links wurde Paul Schneider, geboren am 29. August 1897 am 18. Juli 1939 ermordet. Paul Schneider war ein deutscher evangelischer Pfarrer und leistete als Mitglied der Bekennenden Kirche offensiv Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Am 27. November 1937 wurde er in das KZ Buchenwald verlegt, wo er Zwangsarbeit verrichten musste. Als er bei einem Appell den Hitlergruß verweigerte, wurde er öffentlich mit Stockschlägen bestraft und in diese Einzelzelle des Arrestgebäudes gesperrt. Trotz schwerster Misshandlungen unterließ er es nicht, aus seinem Gefängnis heraus das Evangelium zu verkünden. So wurde er für seine Mitgefangenen zum "Prediger von Buchenwald". Verurteilt wurde er nie. Bis zu seinem Tod trotzte er schwerster Folter durch die SS. Noch vom Zellenfester aus ermutigte er seine Mitgefangenen auf dem Appellplatz des Lagers. Ein Lagerarzt griff im Juli 1939 zur Giftspritze und tötete ihn mit einer Überdosis Strophanthin.

Am Ausgang stehe ich lange vor diesem Schild. Mit der AfD sitzt nun eine Partei im Bundestag, die teilweise der Neuen Rechten zugehört und offen und gefestigt rechtsradikal ist. Manche ihrer Bundestagsabgeordneten pflegen Kontakte zu rechtsradikalen Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, und äußerten sich in der Vergangenheit offen rechtsradikal. Bereits jetzt hat die Partei ein Vokabular etabliert, das Worte wie „Schuldkult“, „Umvolkung“, „Mischvölker“, „Volkskörper“ und „völkisch“ enthält. Wie wird es in der Zukunft in Deutschland und darüber hinaus weitergehen? Der Gedanke allein beschäftigt mich und Sorgen machen sich breit. "Nie wieder", das sollten wir sehr, sehr ernst nehmen.

In 4-jähriger Bauzeit entstand 1958 durch die Regierung der DDR auf der Südseite des Ettersberges ein monumentales Nationaldenkmal.

In natürlichen Erdsenken ließ die SS im März/April 1945 etwa 3000 Tote verscharren.

Flugaufnahme der Mahnmalsanlage, 1958. Foto: SGBUMD


Sprachlos und betroffen stellen wir hier auf dem Parkplatz unser Wohnmobil ab und hofften an diesem geschichtsträchtigen Ort auf eine ruhige Nacht. Weit gefehlt! Um 2 Uhr nachts kamen Jugendliche mit ihren Autos auf den Parkplatz, rasten mit Fernlicht kreuz und quer über den Asphalt, drehten das Autoradio auf volle Lautstärke und gröhlten in die nächtliche Stille. Nach einer Stunde war der Spuk vorbei und wir könnten ruhig weiterschlafen. Noch am nächsten Tag unserer Heimfahrt und bis heute beschäftigt uns dieser Ort des Grauens.

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