22. April 2018
Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun; nur das mal vorausgeschickt. Als ich vor über 35 Jahren von Dortmund nach Bad Hersfeld umzog, merkte ich nach kurzer Zeit, dass dieser Wohnortwechsel eine falsche Entscheidung war. (Dass ich hier meine Frau kennen und lieben lernte ist ein völlig anderes Thema.) Der Grund hier war die Mentalität der Osthessen. Als Kinder verbrachten wir 5 Geschwister viele Wochen der Schulferien bei unserer Tante Grete in der Nachtigallenstraße. Hier gefiel es mir; die Stadt, das Bootsfahren auf der Fulda, die Hunde von Tante Grete und und und. Natürlich in den Augen eines Kindes. Die Menschen in dieser Stadt waren mir ziemlich wurscht. Mit knapp 30 Jahren kam ich unter völlig anderen Umständen wieder in diese Stadt. "Wir wurden, trotz Bemühungen mit den Menschen einfach nicht warm", wie man so sagt. Mein Engagement im Stadtchor, in der Kirche oder andere Aktivitäten mit Nachbarn oder Bekannten blieben stets an der Oberfläche, wenn überhaupt. Alle sagten "Guten Tag", mehr nicht. Heute lebe ich ein anderes Leben, aber diese lange Zeit ist mir stets in Erinnerung.
Als vor drei Tagen ein Wohnmobil mit dem Kennzeichen HEF hier auf den Platz fuhr (das Kennzeichen habe ich bewußt unkenntlich gemacht), dachte ich zunächst nicht an meine Vergangenheit. An der Wasserzapfsäule kam ich mit dem Fahrer in einen kurzen Dialog, merkte aber sehr schnell, dass ich von mir sprach, aber auch allgemeine Camperfragen stellte, die er offensichtlich nicht beantworten wollte. Er erklärte mir, dass er unterwegs an einer Zapfsäule das Anschlussgewinde für den Wasserschlauch (hat jeden Camper immer griffbereit) leider unterwegs verloren habe und jetzt erstmal nicht wüßte, wie er Wasser auffüllen könne. Ich sah irgendwie seine Not, flitzte in unser Womo und schenkte ihm einen Ersatz (wir hatten zwei, eines in Reserve). Er bedanke sich und das wars. Warum erzähle ich das? Schnell kamen meine Erinnerungen an die Hersfelder Zeit zurück. Mit seiner Frau habe ich kein Wort gesprochen. Wenn die beiden zum Strand an unserem Stellplatz vorbeikommen, grüße ich kurz, aber es kommt keine Reaktion mehr. Ich will die Leute nicht in Verlegenheit bringen, sie daraufhin anzusprechen, aber so unangenehme, motzige und überhebliche Leute gibt es wohl nur in Osthessen. Wir sollen sie doch alle lieben. Wirklich alle? Manchmal ist es sehr schwierig! Vielleicht sind die Osthessen sich darüber garnicht bewußt. Das hätte ich nicht gedacht, dass mich auf diese Art und Weise die Vergangenheit wieder einholt. Soviel dazu!
Am Meer entlang habe ich mich heute mit dem Fahrrad auf den Weg nach Marina di Ragusa gemacht. Kurze Hose, T-Shirt, ein geniales Wetter heute am Sonntag.
Seit Rosi in Deutschland ist, fotografiere ich eben nur mein Fahrad, wen sollte ich sonst vor die Linse bekommen.
Kurz vor Marina di Ragusa präsentiert das Städtchen dem Besucher diesen herrlich großen und vor allem sauberen Platz mit Bänken und Palmen im Hintergrund.
Ich stehe mit dem Rücken zum Meer und sehe links diesen Kinderspielplatz mit einem bunten Häuschen im Vordergrund, dahinter vereinzelte Spielgeräte für die Kleinen.
Mein Blick richtet sich nach rechts, und ich entdecke einen Hundespielplatz. Nasowas! Am Kinderspielplatz ist kein großes Schild angebracht. Dafür hat man dieses Gelände mit einem hohen Zaun und einer Eingangstür für die Vierbeiner mit ihrem Frauchen oder Herrchen abgesichert. Auf dem Platz befinden sich ein Wasserhahn und auch diverse Spielgeräte, die ich lediglich als Hundebesitzer nicht richtig zuordnen kann.
Was mir zudem auffällt: Sollte es hier im Süden zufälligerweise auch mal regnen, so hat der Hundefreund einen überdachten Sitzplatz. Auf dem Kinderspielplatz ist nichts überdacht, wahrscheinlich ist damit zu rechnen, dass es an dieser Stelle nie regnet, oder die Kinder mit Ihren Eltern im Regen auf dem Heimweg sind. An dem bunten Häuschen hätte man wenigstens Regenschirme leihweise anbringen können.
Ich radele weiter zum Hafen.
Hier warten viele Boote und auch Yachten für den größeren Geldbeuten auf den Sommer.
Kurz hinter der Promenade beginnt ein Fahrradweg, wie ich ihn noch nie hier auf Sizilien gesehen habe; zweispurig, mit gestrichelter Fahrbahnmarkierung und Fahrtrichtungssymbolen. Der Weg führt direkt am Meer und an der danebenliegenden Einbahnstraße entlang. Im Sommer wird hier sicher viel los sein und so genieße ich die Strecke und höre nur das Rauschen des Meeres.
Nach etwa einem Kilometer ist die Freude genau hier auch schon wieder zu Ende. Immerhin: es geht vorwärts auf Italiens Fahrradwegen. Wenn ich an die Strecke in Porto Palo denke, wird mir jetzt noch schwindelig.
In Casuzze drehe ich im Kreisverkehr um 360 Grad und trete den 17 Kilometer langen Rückweg an. Ich habe Verantwortung für einen Hund, der sicher schon mit leerem Magen und voller Freude auf mich wartet.