Francofonte — Orangenplantagen ohne Ende

24. Februar 2018

Die Sonne hatte sich in der letzten Woche seltener gezeigt und oft prasselte der Regen heftig auf unser Womodach. Für die wenigen Camper hier auf dem Platz zwar immer wieder ein scheinbar wichtiges Tagesthema, aber wir denken, dass sich die zahlreichen Landwirte hier auf Sizilien freuen dürfen. Die Wasserbecken für den Sommer, der jedes Jahr heiß und trocken wird, füllen sich, und die Natur sehnt sich auch nach der Feuchtigkeit, die vom Himmel kommt. Auf zahlreichen Straßen haben sich riesige Wasserpfützen gebildet, die den Autofahrer zum Langsamfahren zwingen.

Bei diesem regnerischen Wetter kam vor ein paar Tagen Dominik mit seinem Fahrrad auf den Campingplatz. Mit seinem kleinen Zelt ist der 56-jährige Franzose aus einem Ort bei Clermont-Ferrant in der Mitte von Frankreich schon seit 4 Monaten unterwegs.

Wir luden ihn bei dem strömendem Regen am Morgen zu einer Tasse Kaffee in unser Vorzeit ein. Er berichtete uns, dass er mit dem Fahrrad über Nizza nach Venedig, dann mit der Fähre nach Patras auf Griechenland gefahren sei. Er hat die Peleponnes und Kreta bereist. Seit 2 Wochen sei er jetzt auf Sizilien und wolle sich hier ein paar Tage der Ruhe gönnen. Wir treffen immer wieder auf Menschen der besonderen Art und zollen ihm großen Respekt!

Salvatore, unser Eier- und Apfelsinenlieferant plante schon seit längerer Zeit eine Reise mit uns zu den größten Apfelsinenplantagen rund um seine 80 Kilometer entfernte Heimatstadt Francoforte zu unternehmen; selbstverständlich mußte auch gutes Wetter mitspielen. Für heute sagte uns die Wetter-App nur wenig Regen und auch Sonnenschein voraus; also optimale Bedingungen für unseren Ausflug. Salvatore holte uns heute morgen um 9 Uhr mit seinem Auto ab, und wir fuhren 700m hinauf in die Berge zunächst Richtung Ragusa.

Hinter der barocken Stadt führte uns die kurvenreiche Landstraße durch hügeliges Gelände weiter nach Francoforte und wir erblickten im Hintergrund den schneebedeckten Etna, den wir schon vom 7. bis 9. Oktober 2017 bereist hatten.

Unser Freund Salvatore zeigte uns zunächst die zahlreichen Orangenplantagen rund um Francofonte; viele Kleinbauern, wo zu früheren Zeiten ganze Familien von dem Anbau leben konnten, mußten ihren Betrieb aufgeben, weil sich zum einen der Verkauf nicht mehr lohnte und sie zum anderen bei den wenigen Großbetrieben nur noch ein paar Cent für das Kilo bekamen. Salvatore ist mit sieben weiteren Geschwistern hier aufgewachsen. Seine Eltern hatten ein schweres Leben. Anfang der Siebziger Jahre ging die Familie nach Deutschland und der Vater versuchte in der Nähe von Wertheim am Main seiner Familie einen besseren Lebensstandart zu ermöglichen. In dieser Zeit konnte er von seinem Verdienst zwei weitere Orangenplantagen in Francoforte erwerben und nach sieben Jahren ging die Familie sicher aus Heimweh nach Sizilien wieder zurück. Wir durchfuhren viele leerstehende Kleinbetriebe, deren Besitzer aufgegeben hatten, aber die Bäume immer noch voll mit dieser süßen Frucht hingen. Ein trauriger Anblick in einem so wunderschönen Land.

Hier wächst auch eine Besonderheit: die Korkeiche. Die Rinde wächst sehr schnell und wird sehr dick. Alle neun Jahre kann die Rinde geerntet werden und wird für die Industrie aufgereitet.

Nach vielen Eindrücken und einem regen Austausch fuhren wir in das Centre der Stadt, machten in einem Café eine kleine Pause und deckten uns für die Weiterfahrt mit belegten Brötchen ein.

An der Häuser ist zu erkennen, dass früher einmal hier wohlhabende Menschen gelebt und gearbeitet haben, jetzt sieht es hier eher trostlos und ärmlich aus.

Die Kirche im Mittelpunkt ragt hoch in den Himmel und schon von weitem erkennt man dieses improsante Bauwerk hoch über der Stadt.

Von hier oben hatten wir einen grandiosen Ausblick in das fruchtbare Umland.

Auf der Weiterfahrt erzählte uns Salatore viel von seiner Vergangenheit und der Mentalität der Sizilianer. Wir verließen die Stadt auf dem Gipfel und fuhren wieder nach unten in die hügelige Landschaft mit ihren Orangenplantagen.

Auf einer schmalen mit Schlaglöchern übersäten Straße kamen wir an diesem verlassenen herrschaftlichen Gebäude vorbei, welches sicher nie mehr wieder zu neuem Leben erwachen wird.

Hinter dem Hügel zeigte uns Salvatore auch eine verlassene Hotelanlage, die noch vor über 10 Jahren in Betrieb war.

Der Besitzer erhielt von der Gemeindeverwaltung Millionen von Euros zur Renovierung, verschwand aber dann spurlos mit Taschen voller Geld.

Es war traurig anzusehen, wie der Zahn der Zeit schon an dem Anwesen genagt und Wandalen ihre Zerstörungswut in und an dem Gebäude ausgelassen hatten.

Vor dem Eingang wuchs ein riesiger Gummibaum, der weit über 200 Jahre alt war. Etwas wehmütig fuhren wir zurück und durften nun die Plantage seines Sohnes besuchen.

Dort parkte Salvatore den Wagen neben der Straße und wir machten unser Picknick mit den belegten Brötchen.

Zum Nachtisch gab es frisch gepflückte Apfelsinen; süß und einfach nur lecker! Gegen 18 Uhr kamen wir auf den Campingplatz zurück und durften wieder einmal einen schönen Tag verbringen.
Am Abend waren wir bei Kermers zum Abendessen eingeladen. Inge hatte sich bei der Vorbereitung viel Mühe gegeben und es hat mir super lecker geschmeckt. Irgendwie gab es ein Mißverständnis mit der Uhrzeit, und ich hatte die Ernsthaftigkeit der Einladung zu locker eingeschätzt. Das war eindeutig mein Fehler!

Dennoch hatten wir einen gemütlichen, schönen Abend und auch Elly, die heute ihren 7. Geburtstag feiert, durfte heute ausnahmsweise Eis aus dieser Schale schlecken.

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