Menschenleere Hügellandschaften

     Montag, 11. April 2022     



Salvatore ist immer wieder ein gern gesehener Gast bei uns am Wohnmobil. Er berichtet uns generell und mit viel Ausdauer von seinen beruflichen Unternehmungen auf der Insel.



Vier Wochen sind schon wieder vorbei. Die älteren Herrschaften aus Ungarn, die wir fast jedes Jahr hier getroffen haben, machten sich wieder auf den Heimweg. Wir haben großen Respekt vor Paula (83) und ihrem Mann Rudolf (84), die sich im hohen Alter immer noch auf den langen Weg nach Sizilien aufgemacht haben. Diesmal signalisierten sie uns, dass diese Reise die letzte gewesen sein sollte. Wir werden sehen, ob die beiden leidenschaftlichen Camper ihr "Versprechen" einlösen werden. Wir wünschten eine gute und sichere Heimreise unter Gottes Schutz.


Die letzten Wochen hatten wir jeden Tag heftigen Sturm, obwohl sich die gleißende Sonne den ganzen Tag unter dem blauem Himmel zeigte. Heute hatte der Wetterbericht wieder kräftigen Sturm vorhergesagt; trotzdem stieg ich auf mein Rad, das schon seit mehreren Tagen unbenutzt hinter unserem Wohnmobil stand. Die Fahne am Strand von Donnalucata bestätigte die Vorhersage.


Hinter der kleinen Stadt am Meer fuhr ich rechts hinauf in das Hinterland.





Der Weg war trotz Elektroantrieb und Gegenwind anstrengend zu fahren. Er führte mich hoch über diese herrliche Landschaft mit Blick in die Weite des Landes und eine von Olivenbäumen gesäumte Schlucht.


Die Blumenwiese mit ihren strahlendgelben Blüten haben mich überwältigt. Ich stieg vom Fahrad ab und bestaunte ganz alleine minutenlang diese herrliche, stille und farbenfrohe Landschaft. Fast war es mir nur durch das Rauschen des Windes und der Einsamkeit etwas unheimlich. Diese Blumenwiese hat ganz sicher kein Mensch angepflanzt und trotzdem ist sie für uns eine Augenweide, die unsere Herzen fröhlich macht.
1. Mo 1,11 Dann sprach er: "Auf der Erde soll Gras wachsen und sie soll Pflanzen hervorbringen, die Samen tragen, und Bäume voller unterschiedlichster Früchte, in denen ihr Same ist." Und so geschah es.


Weiter obenhalb fuhr ich an einem total zerfallenen Haus vorbei. Hier haben bestimmt vor vielen Jahren Bauern ihren Lebensunterhalt bestritten und sind, wie viele leerstehende Gebäude in Kalabrien und auf Sizilien weggezogen. Ein trauriger Anblick bot sich mir hier in dieser menschenleeren, einsamen Gegend.




Mittlerweile wissen wir, dass gerade in den südlichen Ländern die Menschen nicht sehr sorgsam mit ihren Tieren umgehen. Gerade streunende Hunde und Katzen sind massiv von dieser Lieblosigkeit betroffen. Aber was sich mir hier in dieser einsamen Gegend bot, erschreckte mich zutiefst.



In der knalligen Sonne war dieser Esel am Vorderfuß angebunden, sodass er nur einen ca. 5 Meter großen Radius zum Futter des ausgetrockteten Grases zur Verfügung hatte. Auch vermisste ich einen Wasserbehälter für seinen Durst. Als ich an dem armen Tier vorbeifuhr konnte ich nur hoffen, dass sich dessen Besitzer möglichst bald um ihn kümmern würde.


Hier hat sich ein wohlhabender Sizilianer seinen Traum erfüllt. Mit Pflanzen auf dem Dach bewachsen hat er sich ein ruhiges Domizil in die Erde gebaut und mitten in der schönen Gegend mit Ausblick im Hintergrund auf das Meer gegönnt. Sehr aussergewöhnlich!


Der schmale Weg wird wieder breiter und mündet an dieser Stelle in eine steil hinabführende Straße in Richtung Scicli.
Links und rechts der Straße tauchen schon die ersten sizilianischen Häuser auf, die in die steinige Felsenwand erbaut wurden. Ich komme wieder in die Zivilisation zurück.



Ich halt kurz an, genieße den Ausblick auf die Stadt, drehe mich um und erblicke hoch oben hinter einer Mauer diese armselige Kreatur. Das Thema hatte ich schon. Wiedermal bestätigt es mir, dass Tiere in diesem Land keine Lobby haben.



Mit seinen traurigen Augen schaut mir das Pferd hinterher, als ich ohne in die Pedale zu treten den Berg hinunterrolle.



Monatelang hat es hier nicht mehr geregnet; der Fluß durch die Stadt ist völlig ausgetrocknet.





Ich radele etwas ziellos durch die mir liebgewonnene Stadt, die ich schon aus dem ÄFÄF kenne und mache mich so allmählich auf den Heimweg. Der Sturm hatte sich mittlerweile etwas gelegt, aber es wurde merklich kühler.


Der Tag verabschiedete sich wieder mit einem wunderschönen Sonnenuntergang am Strand von Donnalucata in unserem geliebten Sizilien. Ich dankte Gott für seinen Schutz und den herrlichen Tag, den ich erleben durfte.