Es gibt Tage, die an den Nerven zehren

9. Mai 2018

Und ein solcher Tag war gestern. Zeitig wollten wir in Marina Badolato aufbrechen. An der gegenüberliegenden Pizzeria unseres Stellplatzes schnell noch unser Frischwasser auftanken und dann weiter an der Küste entlang Richtung Crotone. Aber es kam so manches anders, als wir es uns vorgestellt hatten. Gerade als ich den Wasserschlauch einfüllen wollte, sprach uns ein Mann an, mit dem Hinweis, das Wasser sei zu sandig, um den Tank aufzufüllen. Nach einem kurzen Begrüßungsdialog, stellte sich foldendes heraus. Der deutsche Mann lebt seit 2010 in Badolato und vor sechs Wochen ist seine Frau gestorben. Er erzählte uns bis fast in alle Details sein wirklich schlimmes Schicksal. Auch könne er kein Wort italienisch, da seine Frau damals alles in der Landessprache, auch den Kauf der Eigentumswohnung übernommen habe. Er wirkte auf uns noch völlig traumatisiert, zumal seine Frau bis vor zwei Monaten kern gesund gewesen sei und innerhalb weniger Tage verstorben sei. Wir ließen ihn in allem, was er sagte, ausreden und merkten natürlich auch, dass er froh war, sich endlich mal wieder mit Deutschen zu unterhalten und auch seinen Schmerz zu erzählen. Das tat uns alles sehr leid und nach einiger Zeit verabschiedeten wir uns freundlich und fuhren los. Ziel war zunächst das Capo Rizzuto, wo wir auf einen Campingplatz fahren wollten. Die Gegend wurde immer einsamer und einsamer und als wir endlich am CP ankamen, war dieser geschlossen und keine Menschenseele in der Umgebung. Etwas deprimiert verließen wir die schon geheimnisvolle und menschenleere Gegend, die Straßen wurden enger, schlechter und noch enger, ich drehte das Fahrzeug und Peng, knallte hinten am Rücklicht gegen einen Pfosten. Ohne auszusteigen, dummerweise, fuhren wir in eine andere Richtung 15 Kilometer zurück Richtung Capo Colonna. Auf dem dortigen Parkplatz stellten wir fest, dass ich die durchsichtige Abdeckung der Rücklichter bei meinem Aufprall verloren hatte. Rosi blieb auf dem ebenfalls einsamen Parkplatz zurück und ich fuhr erneut in die auch für mich unheimliche Gegend. Am Tatort angekommen, Straßenbreite ca. 3 Meter fand ich unterhalb des Pfostens die zerbrochene Plastikabdeckung. Ohne mich noch lange an dieser Stelle aufzuhalten fuhr ich die extrem schmale mit tiefen Schlaglöchern übersäte Straßen wieder zurück. Zusammen stellten wir fest, dass der Rückblinker kaputt war.

Die Besichtigung der kleinen Kapelle mit ihren archeologischen Ausgrabungen aus dem 6. Jhdt. nach Chr. gönnten wir uns doch noch, aber unsere Stimmung war ziemlich am Boden.

Auf der Weiterfahrt ließen wir in einer Werkstatt den Blinker erneuern. Eigentlich wollten wir laut unserem Womoführer in dieser Gegend übernachten, aber wir entschieden uns für einen anderen Platz.

Kaum waren wir an der Strandpromenade Marina di Pietrapaola in angekommen begrüßte uns dieser freundliche Italiener in gebrochenem Deutsch.

Wir hatten den ganzen Tag nichts Vernünftiges gegessen, der Schreck lag uns noch in den Knochen, da bot sich Rosario an, mir eine Pizzeria zu zeigen, dessen Besitzer er kenne, 5 Minuten entfernt, meinte er. Rosi blieb am Womo zurück und wir beide gingen los.

Mir hing der Magen in den Knien; aber unser neuer Freund mußte mir zunächst seinen Freund, den Künstler vorstellen.

Auf einem heruntergekommenden Grundstück zeigte er mir seine Exponate. Die Pizzeria öffnete um 19 Uhr. Wir gingen im Schneckentempo zurück zum Womo, machten uns etwas frisch und marschierten den gleichen Weg zurück. Vor dem Restaurant stellte sich heraus, dass erst um 19.30 Uhr geöffnet wird; unser Hunger wurde langsam unangenehm.

Rosario wollte uns unbedingt seinen Rosengarten an seinem Haus zeigen; also ließen wir uns auch noch darauf ein. Er war ja freundlich und nett, begriff aber nicht, dass wir den ganzen Tag noch nichts gegessen hatten.

Wieder zurück an der Pizzeria stellte sich heraus, dass der Pizzabäcker heute seinen Laden geschlossen hatte. Wir zu einer anderen Pizzeria und noch einer anderen; mir platze fast der Kragen. Lange Rede, kurzer Sinn: Um 22 Uhr haben wir in unserem Womo gemütlich gegessen und eine Flasche Rotwein getrunken. Gute Nacht.
Heute Morgen um 7 Uhr weckte uns ein Bautrupp, der direkt gegenüber von unserer Schlafstelle mit lautem Krach diverse Ausbesserungsarbeiten verrichtete. Fluchtartig verließen wir diesen ansonsten ruhigen Platz und fuhren steil hinauf in das Bergdorf Rossano. Auch hier wieder ein Patzer meinerseits; beim Rückwärtsfahren in einer engen Gasse, knallte ich gegen einen Zaun und die Fahrradhülle schlitzte sich am unteren linken Rand auf. Scheiße!

Aber der Besuch des hübschen Städtchen hatte sich wirklich gelohnt.

Wir marschierten durch den Stadttunnel bis zur Piazza Matteotti und den Corso Garibaldi entlang.

Links hinab zur gelb-grün glasierten Kuppel des Domes, der Cathedrale Santa Maria Assunta.

Unser wichtiges Ziel in der herrlich ausgemalten Kirche ist die Madonna Achiropita, ein Marienbild, dass der Legende nach nicht von Menschenhand geschaffen wurde.

Weiter unten besuchten wir die byzantinische Kirche San Marco, das älteste Gebäude der Stadt.

Wir schlenderten wieder zurück und bewunderten die zahlreichen alten Gebäude, die der Stadt ein typisch süditalienisches Bild vermitteln.

Weiter führte uns die Reise am Meer entlang in den Norden nach Nova Siri Scalo. Mit unserer Womo-App fanden wir einen kostenlosen Wohnmobilstellplatz in der Nähe eines großen Parkes direkt am Meer. Kaum hatten wir unser Womo abgestellt, kamen zwei Italiener, die eine Übernachtungsgebühr verlangten. Ein langes Palawer entwickelte sich, auch eine holländischer Camper schaltete sich ein. Zwecklos. Obwohl dieser Platz als kostenlos ausgewiesen ist, zahlten wir den geforderten Betrag und endlich kehrte Ruhe ein. Endlich! Nach dem Essen unternahmen wir einen Abendspaziergang auf einer endlos langen Promenade am Meer. Hier haben sich kreative Zeitgenossen etwas besonderes einfallen lassen.

Jeder der vielen Bänke waren künstlerisch bunt mit Bildern und Texten gestaltet worden. Die letzten zwei Tage waren etwas nervenaufreibend, aber wir sind dennoch froh und dankbar, dass wir hier hoffentlich etwas zur Ruhe kommen können.