14. Juni 2019
Endlich weiss ich, wo meine Vorfahren herkommen. Lange hatte ich recherchiert und nach über 60 Jahren bin ich (fast) fündig geworden. Vielleicht wäre ich heute ein reicher Mann; aber es kam dann in meinem Leben doch alles ganz anders. Gleich mehr darüber!
Heute war endlich wiedermal ein Wandertag angesagt. Rosi unternahm mit meinem E-Bike (Gründe sind bekannt) eine kleine Tour durch Blaubeuren, wo sie sich ein Eis gönnte. Ihr gegenüber saß im Eiscafé ein Mann etwa gleichen Alters und sie kamen ins Gespräch. Als erstes Gesprächsthema dankte der Radfahrer unserem Herrgott, dass es ihm so gut ginge, dass die Vögel so schön zwitschern, dass so schönes Wetter sei und dass wir hier in Deutschland genug zu essen haben. In ärmeren Ländern sei die Versorgung wesentlich schlechter, die Menschen hätten fast nichts zu essen und er sei sehr dankbar über den hiesigen Reichtum; er hätte auch in einem anderen Land geboren werden können. Rosi berichtete, dass sie eine solche Dankbarkeit selten in einem flüchtigen Zufallsgespräch erlebt hätte. Ich ehrlich gesagt auch nicht. Er bestätigte auf Rosi's Frage hin, dass er Christ sei.
Um die Mittagszeit verabschiedete ich mich von unserem momentanen Stellplatz. Hinter dem klaren Flüsschen "Blau" führte der Wanderweg gleich steil in die Höhe.
Nach nur wenigen Metern hatte ich schon einen herrlichen Blick ins Tal von Blaubeuren. Wenn man beim Wandern ein Ziel vor Augen hat, ist es leicht sich nach den Schildern an Bäumen zu richten. Und somit hatte ich schnell das Rusenschloss ausgemacht, dessen steigen Pfad ich folgte.
Nach einigen hundert schweißtreibenden Metern dann die Enttäuschung. "Das Rusenschloss wird saniert, die Wege sind gesperrt, oder nur eingeschränkt nutzbar."
Ich ließ mich davon nicht verwirren und stieg weiter hinauf.
Und dann las ich voller Spannung das Schild:
Die Burg wurde um 1080 von Graf Hartmann II. von Dillingen erbaut, im 12. und 13. Jahrhundert ausgebaut, nach 1282 erneuert und ab 1768 abgebrochen.
Als weitere Besitzer werden die Grafen von Helfenstein, sowie Österreich und Württemberg genannt. Der Forstknecht Ruess, der um 1590 dort lebte, gab dem Schloss den Namen.
Jetzt weiß ich endlich, dass Graf Hartmann II mit mir verwandt ist. Wieviel Reichtum er bis 1080 aufgehäuft hatte, ist allerdings nicht in Erfahrung zu bringen. Sicher hat er und seine Familie sein ganzes Geld in dem Schloss versenkt. Meine Hoffnungen bröckelten allmählich und es kam bei mir etwas Wehmut auf. In Wikipedia habe ich später nachgeforscht und gelesen, dass er noch einen Bruder hatte. "Unter den beiden Brüdern Hartmann II. und Adalbert I. erreichten Macht und Einfluss der Dillinger Grafen ihre größte Ausdehnung. Hartmann II. ist wahrscheinlich identisch mit dem Grafen Hartmann von Gerhausen bei Blaubeuren, dem Erbauer der Burg von Hohengerhausen. In den Annalen von Neresheim wird er als Hartmann der Jüngere, Graf zu Dillingen und Kyburg, bezeichnet. Wie sein Vater verbrachte er die letzte Zeit seines Lebens als Mönch in Neresheim, wo er 1134 wohl ohne männliche Nachkommen starb." Dann las ich weiter und meine Enttäuschung wuchs, dass er Mönch war und keine männliche Nachkommen hinterlassen hat. Also nix mit Reichtum; es wäre ja zu schön gewesen.
Mehr war von diesem tollen Schloss nicht zu sehen.
Dafür belohnte mich der weitere Weg mit einem herrlichen Ausblick auf das Kloster von Blaubeuren.
Naßgeschwitzt riß ich mir die Oberkleider vom Leib und genoß den grandiosen Ausblick.
Jetzt rief Rosi mit einer Überraschung an. Die Bergmanns sind zu Besuch.
Das war der Startschuss zum Rückweg und von nun an ging es steil bergab. Elisabeth brachte sehr leckeren Kuchen mit, Rosi filterte den Kaffee und in gemütlicher Runde saßen wir am Wohnmobil und erzählten dies und das.
Schön ist, dass wir vier immer wieder Themen finden und eine harmonische Gemeinschaft genießen dürfen und können.
Ein letztes "Ade", wir wünschen gute Heimfahrt und so geht wiedermal ein schöner Tag, auch ohne Vorfahren aus dem Rusenschloss zu Ende. DANK SEI GOTT.