Mittwoch, 21. Oktober 2020
Meistens endet ein Tag nie so, wie er angefangen hat. Logisch! Aber heute ... ich weiß auch nicht.
Es gibt Probleme; der Siphon im Wohnmobil ist undicht. Auf unserer letzten Tour stellten wir fest, dass die Handtücher unter dem Waschbecken immer feucht, wenn nicht sogar nass waren. Der komplette Unterschrank mußte wegen diesem Teil ausgebaut werden. Ich stellte fest, dass der Siphon total verkalkt ist und in Folge dessen sicher im Laufe der Zeit undicht geworden ist. Was tun? Ich wollte nicht unnötige 45 Kilometer verfahren, um einen Campingladen aufzusuchen, nicht ohne vorher telefonisch das Problem zu erklären. Die Firma Seitz Caravaning Vertriebs GmbH in Fulda sicherte mir am Telefon zu, dass, wenn dieses Teil nicht am Lager wäre, eine Bestellung kein Problem darstellt. Freudig stieg ich ins Auto und fuhr los.
Schon in Hessen komme ich durch das kleine Dorf Treischfeld, wo wir, Rosi und ich schon öfters an einer kleinen Kirche vorbeikommen.
Diesmal habe ich Zeit, steige aus und sehe mir die kleine Kirche von außen und innen an.
Erst später erkenne ich an dem Weihwasserbecken, dass es sich hier um eine katholische Kirche handelt. Ich bin schon lange aus dieser Kirche ausgetreten, wenngleich mir diese Rituale des Bekreuzigen wieder in mein Gedächnis kommen. Äußerlich Dinge sind Gott völlig egal. Wie heißt es im 1. Samuel 16 Vers 7: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.
Ich verlasse das kleine Bauwerk wieder und sehe in der hügeligen Landschaft einen weißen Kasten.
Beim Heranzoomen erkenne ich diesen traurigen Anblick. Über der Tür hängt ein hölzernes Schild mit der Aufschrift: Büro. Einen Moment bleibe ich stehen und denke darüber nach, welche Träume sich wohl in diesem Geschäftsraum erübrigt haben.
Weiter fahre ich durch die herbstliche Landschaft und halte kurz auf diesem Parkplatz, auf dem wir vor über einem Jahr mit dem Wohnmobil übernachtet haben. Erinnerungen kommen zurück!
Nach 45 Kilometer habe ich die Campingfirma erreicht. Lange muß ich im Verkauftsraum warten, obwohl kein Kunde zu sehen ist. Dann endlich bin ich dran. Der Herr, mit dem ich zuvor telefonierte, erinnert sich an das geführte Gespräch mit mir, erklärt mir aber sofort, dass er diesen Siphon nicht auf Lager habe. Er kramt unter der Ladentheke zwei Kataloge hervor, blättert meines Erachtens ziemlich unkonzentriert und stellt dann fest, dass beide Anbieter meinen Siphon nicht im Programm haben. Auf meine Nachfrage hin, ob ein anderer .... . Der Campingmann fällt mir sofort ins Wort mit dem Hinweis: Wir arbeiten nur mit diesen beiden Firmen zusammen. Ich merke, ich werde wütend, der Nacken schmerzt und spüre nur noch Ablehnung. Er versicherte doch am Telefon von "kein Problem". Schnell begreife ich, dass mein Gegenüber nicht ansatzweise versucht, mein Problem zu lösen. Im Gegenteil! Mehrfach wiederholt er den Satz mit immer lauter werdender Stimme, dass die Firma Seitz mit nur 2 Lieferanten zusammenarbeitet. Ich schaffe es einfach nicht, meine Stinkwut in Worte zu fassen und verlasse irgendwie verzweifelt den Laden.
Eines ist mir sofort klar: Hier werde ich keinen Fuß mehr reinsetzen. Ich bin nicht der Typ, der ausrastet. Ziemlich deprimiert gehe ich zum Wagen zurück, weil ich im Moment keine Lösung weiß. Aber... ich brauche jetzt irgend etwas, was meine schlechte Stimmung aus dem Tief holt.
Schon immer brennt in mir ein Feuer für Burgen und Schlösser. Da liegt es nahe zum Schloss Fasanerie (Eichenzell) bei Fulda zu fahren.
Als ich auf dem Parkplatz neben dem Schloss das Auto abstelle, sind meine Wutgedanken auf die Firma Seitz verflogen. Total entspannt und gelassen marschiere ich mit Timmy an der Leine durch den Schlosspark. Im Gras am Wegesrand sehe ich braune Pilze.
Schon fällt mir Bodo, mein Nachbar ein, der mir stolz den Tipp mit der Pilze App erklärt hatte. Man öffnet das Programm, hält sein Smartphone über den Pilz, der Pilz wir gescannt, nach wenigen Sekunden erklingt ein Signal und der mediale Begleiter teilt dir mit, ob der Pilz, giftig, genießbar, schmackhaft oder vorzüglich ist. Ich probiere diese Möglichkeit aus, aber irgendwie überzeugt bin ich nicht. Als ich den Pilz abpflücke und meine Nase sich nähert, rieche ich einen unangenehmen Geruch. Vielleicht habe ich mich auch getäuscht, aber der Pilz landet im nahegelegenen Gebüsch.
Timmy sucht derweil wie immer nach etwas Fressbarem, begreift aber nicht sofort, dass ihm die Eicheln, die zu tausenden auf den Wegen liegen, nicht schmecken.
Ich erfreue mich an den alten Gemäuern und fühle mich sehr wohl in diesem mit hohen und uralten Bäumen gepflanzten Schlossgarten. Auf der Webseite: http://www.schloss-fasanerie.de ist das folgende nachzulesen: "Auf einer Fläche von ca. 100 Hektar vereinigt der Park von Schloss Fasanerie die mannigfaltigen Elemente wildwachsender und gestalteter Natur in einer kleinen Ideallandschaft. Zusammengehalten von einer hohen Mauer, die gleich einer Klammer alle Glieder umgibt, fügen sich die unterschiedlichen Parkbereiche homogen ineinander: Wiesen, Beete sowie kunstvoll angelegte Seen und Wege grenzen an Felder mit locker arrangierten Baumgruppen und einen von Alleen durchkreuzten Wald. Diesem schließt sich ein weitgehend naturbelassener Forst mit einem Bachlauf an."
Es wird Zeit sich auszuruhen.
Auch Timmy ist ziemlich erledigt. - Er kann sich wie immer nicht entscheiden, aus welchen der beiden angebotenen Näpfe er Wasser saufen wird.
Nach längerer Wartezeit hat er eine Entscheidung getroffen.
Hier staune ich über den dicken Stamm mit seinen fest im Boden verankerten Wurzeln. Nach fast zwei Stunden beende ich meinen mir selbst erzwungenen Gefühlswechsel, der mich halbwegs wieder entschädigt hat für das, wie Mitmenschen mit einem umgehen.
Schon lange hege ich den Wunsch, mir eine zweite Bibel mit einer anderen Übersetzung und einer größeren Schrift zu kaufen. Da ist das katholische Fulda mit seiner Dombuchhandlung das richtige Ziel, um sich einen Überblick zu verschaffen. Schön, wenn man so ein kurzes Auto hat; man bekommt fast immer einen Parkplatz. Ich schaue mich nochmal um, stehe vor keiner Ausfahrt, alles perfekt.
Dass man mir hier in Fulda sogar eine Kirche gebaut hat, wäre nicht nötig gewesen. Aber ich freue mich; es gibt sicher auch andere mit dem gleichen Namen.
Die Fuldaer mit ihrem Bischof.... Der arme Kerl muss jetzt auch für die Verkehrsteilnehmer Verantwortung tragen. Jetzt lache ich endlich mal wieder und habe den Ärger mit dem Campingmann total vergessen.
Wenn ich schon mal in Fulda bin, kann ich auch noch ein wenig durch die Altstadt mit ihren hübsch restaurierten Fachwerkhäusern schlendern.
Ein besondere Hingucker ist das alte Rathaus, in dessen Erdgeschoss heute ein Bekleidungsgeschäft untergebracht ist.
Ich werde hungrig und da kommt die Extra Wurst genau richtig.
Vor ein paar Tagen habe ich in den Nachrichten gehört, dass in Deutschland das Fleisch viel zu billig verkauft wird. Aber Currywurst mit Pommes und ungesunder Majo 5,80 EUR? Ich weiß nicht, ob das angemessen ist. Trotzdem: Es hat gut geschmeckt und man gönnt sich ja sonst nichts.
Hier denke ich an Sizilien und erinnere mich gerne, dass dort in den Straßen überall die Palmen das Bild mediteran wiederspiegeln. Ob diese Palme vor dem Gerichtsgebäude auch wintertauglich ist?
Geschmackvoll erscheint mir dieses Blumenensemble mitten in der Fußgängerzone.
Der giftgrüne Rasen an der Rückseite vom Stadtschloss sieht auch in Wirklichkeit so aus.
Ich gehe zurück, nicht ohne auch noch einen Blick in den Dom zu werfen. Ich bin ja nicht so der Kirchgänger, aber dieser Prunk und dieser Reichtum der Kirchen fasziniert mich trotzdem.
Jetzt stehe ich vor der Dombuchhandlung und bin gespannt, was mich erwartet. Leider ist nur die Einheitsübersetzung der Bibel vorrätig und die große Schrift gibt es hier ausschließlich nur im Neuen Testament. Schade!
Ich hatte ehrlich gesagt mit viel mehr Auswahl gerechnet.
Egal, denke ich mir, gehe zurück zum Auto und fahre durch das Paulustor hinaus aus der Stadt.
Was steckt da nur unter den Scheibenwichern? Ein Knöllchen kann es nicht sein, da ich genügend Abstand zu der Ausfahrt gehalten habe. Aber nach einem kurzen Stopp auf dem Parkplatz vor Hünfeld, werde ich eines Besseren belehrt. Was habe ich denn da nur falsch gemacht? Schitt!
Nun bin ich gespannt auf die Post, die man mir auf diesem grünen Zettel ankündigt. Die Notlösung: Schloss Fasanerie hatte mir richtig gut getan und jetzt das. Etwas betröppelt fahre ich weiter nach Burghaun und erfahre beim Euronics, dass Rosi's zu reparierendes Smartphone nach mittlerweile 4 Wochen noch immer nicht vom Hersteller zurückgeschickt worden ist. Meine Stimmung sinkt weiter, und ich fahre in Richtung Thüringen.
Blauer Himmel wechselt sich mit weichem Wolkenflaum ab und graue in sich fließende Schlieren schmücken das weite Firmament.
Nochmals stelle ich den Wagen ab und staune über die wunderbare Schöpfung.
Die Sonne verabschiedet diesen Tag mit einem traumhaft gelb angestrahlten Himmelszelt und taucht ein in die Unendlichkeit des Weltalls.
Wie unwichtig ist doch ein Siphon!